Eine Elektronenkanone, auch Elektronenstrahl-Generator genannt, ist für fortschrittliche Technologien wie die Oberflächenbeschichtung im Vakuum, das Elektronenstrahlschweißen und die Halbleiterherstellung unerlässlich. Bei der physikalischen Gasphasenabscheidung mit Elektronenstrahlen (electron beam physical vapor deposition - EBPVD) verdampft ein leistungsstarker Elektronenstrahl ein Target-Material und ermöglicht so den anschließenden Beschichtungsprozess eines Substrats. EBPVD zeichnet sich durch hohe Abscheideraten aus und ermöglicht niedrige Substrattemperaturen. Es wird häufig bei der Rolle-zu-Rolle-Beschichtung flexibler Materialien eingesetzt, deren Anwendungsbereiche von Lebensmittelverpackungen über Displaytechnologien bis hin zur Photovoltaik reichen.
Numerisches Setup
Um den Transport des Elektronenstrahls durch die verschiedenen Stufen der Elektronenkanone zu untersuchen, wurde die Open-Source-Plasmasimulationssoftware PICLas verwendet. Die Simulation umfasst die Beschleunigung der Elektronen auf relativistische Geschwindigkeiten und ihre Ablenkung durch zwei Magnetfelder. Für die Simulation wurde die Particle-in-Cell (PIC) Methode mit der Monte-Carlo-Collisions (MCC) Methode gekoppelt, um die Eigenfelder der geladenen Spezies sowie die Ionisierungsprozesse aufgrund des neutralen Hintergrundgases zu berücksichtigen. Die Simulationen wurden sowohl mit einem 3D-Modell als auch mit einem achsensymmetrischen Setup durchgeführt.
Zur Modellierung der Elektronenerzeugung wurde ein thermionisches Emissionsmodell unter Verwendung der Richardson-Dushman-Gleichung einschließlich des Shottky-Effekts in PICLas implementiert. Damit lässt sich der Emissionsstrom mit Hilfe der Oberflächentemperatur bestimmen. Zusätzlich kann der Einfluss des elektrischen Feldes auf den Emissionsstrom untersucht werden. Um die Simulationsdauer zu verkürzen, wurde ein Spezies-spezifischer Zeitschritt eingesetzt, um die Lücke zwischen den verschiedenen Zeitskalen der Elektronenbewegung und der Ionisierungsprozesse zu schließen.
Experimentelle Validierung
Zur Validierung der Simulationsergebnisse wurden experimentelle Messungen des Elektronenstrahldurchmessers von einem Industriepartner durchgeführt. Ein Metallgitter wurde an verschiedenen Positionen in der Elektronenkanone platziert und der eingebrannte Durchmesser bewertet. Der simulierte Strahldurchmesser, der 95 % der gesamten Strahlenergie entspricht, stimmt gut mit den gemessenen Werten überein, was die Genauigkeit des numerischen Modells bestätigt.
Vorteile von Elektronenkanonen-Simulationen
Mit solchen Untersuchungen können anwendungsbezogene Fragen numerisch untersucht werden - ohne die Risiken und Kosten physikalischer Experimente. Beispiele für solche Fragestellungen sind:
- Einfluss von Montagetoleranzen - Wie wirkt sich eine gekippte Kathode auf die Geometrie des Elektronenstrahls aus?
- Einfluss des Hintergrunddrucks - Was passiert, wenn der Elektronenstrahl Regionen mit unterschiedlichem Druck durchquert?
- Auswirkungen der angelegten Potenziale und des Strahlstroms - Wie wirken sich die Potenzialdifferenz und der Strom auf die Strahlgeometrie und ihre Energieverteilung aus?
- Einfluss des Magnetfelds - Wie kann das Magnetfeld weiter optimiert werden, um einen fokussierten Elektronenstrahl am Ziel zu erreichen?